Medizinischer Hintergrund

 

Der hypoxische Hirnschaden ( Hirnschädigung infolge schwersten Sauerstoffmangels im Gehirn) ist die übelste der Hirnverletzungen überhaupt und die am schwersten therapierbare. Durch den Mangel an Sauerstoff sterben abhängig von der Länge des Sauerstoffmangels Gehirnzellen ab. Tote Gehirnzellen jedoch sind nicht regenerierbar, bleiben tot. Verbindungen brechen ab, Funktionen fallen aus. Die Schädigung im Gehirn ist diffus, oft nicht lokal einzugrenzen. Die  Ausfälle betreffen das gesamte Gehirn mit all seinen Funktionen. Ein hypoxischer Hirnschaden liegt vor z. B. nach Wiederbelebung bei:

 

  • Ertrinkungsunfällen
     

  • Herzinfarkt
     

  • Schlaganfall
     

  • Erstickungsunfällen
     

  • Narkosezwischenfällen
     

  • Vergiftungen
     

  • Verkehrsunfällen
     

  • Hirnblutungen

 

Beim schweren hypoxischen Hirnschaden fallen die Patienten in der Regel zunächst ins tiefe Koma, danach meist ins sogenannte Wachkoma  (bzw. Apallisches Durchgangssyndrom). Im Wachkoma ist die Verbindung vom Großhirn zum Stammhirn unterbrochen. Die Patienten haben zwar die Augen geöffnet, sind aber zu keinerlei Reaktionen fähig. Die Intensivmedizin in unserem Staat wird ständig weiter verbessert und so können jährlich inzwischen tausende Menschen nach Unfällen und Wiederbeleben überleben, die noch vor einigen Jahren kaum Überlebenschancen hatten.

 

 Aus dieser Situation heraus fallen jährlich 10000 Menschen ins Wachkoma, diesem Zustand zwischen Leben und Tod. Etwa 4000 von diesen bleiben auf Dauer in diesem Zustand. Die Therapiebemühungen haben bei diesem Personenkreis sehr, sehr wenig Erfolg, werden demzufolge oft viel zu früh eingestellt. Die Patienten landen zur sogenannten „zustandserhaltenden Pflege“ meist ohne wirkliche Therapien in Pflege- bzw. Altenheimen, in denen sie über Jahre liegen bleiben, bis sie irgendwann an Infektionen oder Lungenentzündungen sterben oder an ihrem Schleim ersticken oder ähnliches.

 

Einige von diesen Patienten werden aber auch zu Hause von den Angehörigen versorgt, gepflegt und oft auch therapiert. Besonders diese Patienten und deren Angehörige wollen wir mit dieser Seite ansprechen, Patienten und auch Familien, für die in unserem Sozialstaat viel zu wenig getan wird, die oft keinerlei Unterstützung und Verständnis bekommen, die meist aus dem sozialen Netz sehr schnell herausfallen. 

 

Patienten mit hypoxischem Hirnschaden brauchen ein Höchstmaß an Therapie, insbesondere intensivste Stimulation aller Sinnesorgane, um neue Verbindungen im Gehirn zu schaffen. Tote Gehirnzellen bleiben zwar tot, das Reservoir an ungenutzen Hirnzellen, vor allem auch bei Kindern, ist jedoch immens groß, besteht aus tausenden Zellen. Diese ungenutzten Gehirnzellen können durch aufwendigste Therapien neu programmiert werden, um so zerstörte Verbindungen wieder herzustellen und manche Funktionen wieder zu erlernen. Dieses Wiedererlernen von Funktionen ist gerade nach hypoxischem Hirnschaden sehr, sehr mühsam und erfordert stundenlange tägliche Trainingsprogramme und von den Angehörigen eiserne Disziplin. Therapieerfolge sind oft trotzdem sehr begrenzt. Dennoch müssen Patienten, vornehmlich auch Kinder, nach hypoxischen Hirnschäden mehr gefördert werden, Langzeittherapien bekommen und eine Chance auf eine Zukunft haben.  Die häusliche Umgebung und die Familie spielen dabei oft eine entscheidende Rolle und vor allem der liebevolle Umgang mit dem Patienten ist für Fortschritte unerläßlich. Patienten dürfen nicht so schnell aufgegeben werden und in Pflegeheimen dahinvegetieren.

 

Unsere Ziele, Hoffnungen und Forderungen:

 

  • die Situation dieser Menschen mehr ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, eine Lobby für einen ständig
    wachsenden Personenkreis zu finden, der viel größer ist, als die meisten nicht Betroffenen vermuten. Und jeder
    von uns kann schon morgen selbst Betroffener und auf Hilfe angewiesen sein.
     

  • Die Menschen nach hypoxischer Hirnschädigung müssen mehr Perspektiven aufgezeigt bekommen.
     

  • Familien, die Angehörige zu Hause pflegen  und therapieren brauchen mehr finanzielle und menschliche Unterstützung. Sie dürfen nicht ausgegrenzt werden und in eine Isolation geraten.
     

  • Wir fordern Toleranz und Anerkennung, sowohl für Betroffene als auch für deren Angehörige, die unverschuldet in eine ganz spezielle und schwierige Lebenssituation geraten sind, die zeitlich nicht einzugrenzen ist und Unmengen an Kraft erfordert.
     

  • Wir möchten auch die Finanzierung alternativer Therapien erreichen, wenn diese als einzige Hoffnung auf Fortschritte bieten, denn es ist nicht human und auch überhaupt nicht weniger kostenintensiv, sich auf reine Pflegemaßnahmen in Einrichtungen zu beschränken.

 

Jeder Patient, und sei er auch noch so schlimm betroffen, hat ein Recht auf Hoffnung und auf eine Zunkunft.

 

Bärbel Hiltscher

(betroffene Mutter von Jan-Pascal, heute 22, der 1992 bei einem schweren Ertrinkungsunfall eine schwerste hypoxische Hirnschädigung erlitt und seitdem schwerstbehindert ist)